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Ressourcen zum Heilen: 

Rad der Emotionen

Emotionen zu benennen, kann dir helfen, besser zu verstehen, was du fühlst, warum du dich so fühlst und wie du dich um deine emotionalen Bedürfnisse kümmern kannst.

Oftmals ist es relativ einfach zu erkennen, was die Ursache für physische Veränderungen in unserem Körper ist. Z.B. kann das Gewichtheben dazu führen, dass man am nächsten Tag Muskelkater in den Armen verspürt oder das Stolpern auf dem Bürgersteig kann ein abgeschürftes Knie verursachen. Aber manchmal kann unser Körper physische Veränderungen als Folge von etwas aufführen, das schwerer zu erkennen ist - unsere Emotionen. Du spürst z.B. einen Blutrausch im Kopf, weil du wütend bist oder deine Hände zittern, weil du aufgeregt oder nervös bist.

Es ist auch möglich, mehrere Emotionen auf einmal zu erleben, sogar Emotionen, die scheinbar gegensätzlich zueinander sind. Wenn du z.B. ein Bild auf deinem Handy suchst, das dir viel bedeutet und von dem du dachtest, es sei gelöscht worden, bist du vielleicht sowohl erleichtert, dass das Bild nicht verloren gegangen ist, als auch verärgert über den Stress, den du erlebt hast, weil du dachtest, es sei von vornherein verschwunden.

Für Betroffene von sexuellem Kindesmissbrauch können Emotionen besonders kompliziert, widersprüchlich und schwer zu erkennen sein.

Warum ist es wichtig, meine Emotionen zu erkennen?

Jede Emotion, die du erlebst, ist wichtig - auch die, die du nicht magst -, denn sie will dir etwas vermitteln. Als Betroffene können dir deine Gefühle zeigen, wie dein Gehirn auf die Welt um dich herum reagiert und in der Gegenwart Verbindungen zu dem Missbrauch in deiner Vergangenheit herstellen.

Emotionen geben den Betroffenen Aufschluss darüber, wie sie sich fühlen und was sie in diesem Moment brauchen. So kann eine Betroffene z.B. bei einem Familientreffen feststellen, dass sich ihr Magen verkrampft. Diese körperliche Reaktion wird dann mit einem Angstgefühl in Verbindung gebracht. Sie erkennt, dass diese Angst eine Reaktion auf die Anwesenheit bestimmter Familienmitglieder ist, die ihr Unbehagen bereitet. Die Betroffene kann dann erkennen, dass ihr Gehirn und ihr Körper in diesem Moment etwas Abstand von dem Treffen braucht, um bewusstes Atmen und positive Affirmationen zu üben.

Weil die Betroffene in der Lage war, ihre Gefühle zu identifizieren und genau zu wissen, was sie fühlte, konnte sie zwei Dinge tun:

  • Erkennen, was die Emotion ausgelöst hat.
  • Erkennen, was ihr Gehirn und ihr Körper in diesem Moment brauchten.

Wenn du dir bewusst machst, welche Gefühle du geistig und körperlich erlebst, kannst du verstehen, wie sich bestimmte Ereignisse, Situationen oder Trigger anfühlen und warum du diese empfindest. Sobald du verstehst, was du fühlst und warum, kannst du die nächsten Schritte unternehmen, um auf die Empfindung zu reagieren, die du erlebst - sei es, indem du eine Stabilisierungstechniken machst, einen Freund anrufst oder einen Spaziergang machst.

Wenn du erkennst, was du fühlst, kann das auch dazu beitragen, die Verbindung zwischen den Emotionen, die du erlebst, und den Auswirkungen dieser Emotionen auf deinen Körper zu stärken. Diese Verbindung zwischen Geist und Körper ist besonders effektiv, wenn du in einem depressiven Zustand feststeckst oder dich von deinem Körper oder deinen Gefühlen abgekoppelt fühlst.

Was ist ein Rad der Emotionen und wie kann ich es nutzen?

Eines unserer Hilfsmittel, das viele Betroffene von sexuellem Kindesmissbrauch als hilfreich empfinden, ist unser Rad der Emotionen. Dieses Rad hilft dir, die Emotion(en), die du gerade empfindest, zu identifizieren und zu benennen. Verständnis ist ein wichtiger Schritt, um ein Problem oder Dilemma zu bewältigen. Wenn du die Emotionen verstehst, die in bestimmten Situationen in dir auftauchen – z.B., wenn du dich getriggert fühlst -, kannst du Schritte unternehmen, um diese Emotionen zu regulieren.

Besonders wirkungsvoll ist es, Teil einer Selbsthilfegruppe zu sein, die uns darin unterstützen kann unsere Gefühle zu erkennen und zu benennen. Viele Betroffene berichten, wie viel Erleichterung sie verspüren, wenn sie sich einer anderen Person anvertrauen können und Bestätigung oder auch nur die Gewissheit erhalten, dass sie nicht allein unter der Last dieser schweren Gefühle leiden.

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Das Rad der Emotionen als Hilfe bei Triggern

Um das Rad der Emotionen zu verwenden, denke zunächst an ein Erlebnis, bei dem du dich getriggert gefühlt hast. Schaue dir zunächst die Mitte des Rades an, um die Kernemotion zu identifizieren, die du während dieses Erlebnisses empfunden hast. Warst du wütend? Ängstlich? Traurig? Empfindungslos? Was hast du körperlich empfunden? Zitternde Hände? Wärme im Gesicht? Ein schweres Gewicht im Magen?

Gehe nun zum äußeren Rand des Rades und schaue dir die Gefühle an, die mit dieser Emotion verbunden sind. Suche nicht unbedingt nach einer Emotion. Achte vielmehr darauf, welche Emotionen dich ansprechen. Denke daran, dass du nicht versuchst, deine Emotionen zu „korrigieren“ oder zu verändern, sondern dass du sie vielmehr bewusster wahrnehmen möchtest.

Wiederhole diesen Vorgang mehrere Male, während du über verschiedene Erlebnisse nachdenkst, die ein Symptom im Zusammenhang mit deinem sexuellen Missbrauch verschlimmert haben. Achte dabei auf bestimmte Muster. Gibt es bestimmte Gefühle, die du in einer bestimmten Situation oder im Umgang mit einer bestimmten Person empfindest? Fühlst du dich im Allgemeinen bei allen Triggern gleich oder variieren die Gefühle je nach Situation?

Da die Bewältigung von Aggressionsgefühlen oft andere Taktiken erfordert als die Bewältigung von Unsicherheitsgefühlen, ist das Verständnis dieser Muster für den Heilungsprozess entscheidend. Wenn du eine Vorstellung davon hast, wie deine Gefühle typischerweise auf Trigger reagieren, kannst du Pläne erstellen, um mit diesen Triggern umzugehen.

Das Rad der Emotionen zum Verständnis deiner Bedürfnisse

Du erlebst in jedem Moment nicht nur Emotionen, sondern auch Bedürfnisse als Reaktion auf diese Gefühle. Wir nennen diese Reaktionen emotionale Bedürfnisse. Wenn du dich z.B. zurückgewiesen fühlst, kann dein emotionales Bedürfnis Akzeptanz und Zugehörigkeit sein oder wenn du dich schämst, kann dein emotionales Bedürfnis Selbstmitgefühl und Neugier sein.

Im Folgenden findest du eine Liste der häufigsten emotionalen Bedürfnisse, die Betroffene von sexuellem Kindesmissbrauch verspüren. Wenn du die Emotion(en), die du fühlst, im obigen Rad identifiziert hast, kannst du sehen, ob eines der aufgeführten emotionalen Bedürfnisse auf dich zutrifft.

Wenn dir eines der Beispiele in diesem Moment besonders wichtig erscheint, ermutigen wir dich, eine der vorgeschlagenen Aktivitäten auszuprobieren:

SELBSTMITGEFÜHL UND NEUGIERDE

SICHERHEIT UND UNTERSTÜTZUNG

HOFFNUNG

KÖRPERLICHE BEWEGUNG

AKZEPTANZ UND ZUGEHÖRIGKEIT 

Verwende das Rad der Emotionen, um deine Emotionen im Alltag zu verstehen

Das Rad der Emotionen muss nicht nur zum Verstehen von Triggern verwendet werden. Du kannst das Rad auch verwenden, um zu erkennen, was du gerade jetzt fühlst - ob es angenehm oder unangenehm, schmerzhaft oder erfreulich ist.

Es ist zwar wichtig, darauf zu achten, wann dein Geist und dein Körper auf belastende Emotionen reagieren, aber es ist ebenso wichtig, zu beobachten, wann du Gefühle der Freude, des Trostes oder des Friedens empfindest. Solche Gefühle zu bemerken, ist ein wichtiges Element der Aspiration, denn es erinnert dich daran, dass Hoffnung und Heilung möglich sind, dass mehr Momente der Zufriedenheit oder des Friedens in deiner Zukunft liegen und dass du ständig Veränderungen erlebst und nicht in deinem Trauma feststeckst.

Wenn du also mit Hilfe des Rads der Emotionen in Kontakt mit deinem Gehirn und deinem Körper trittst, fühle dich nicht zu der einen oder anderen Emotion verpflichtet. Es gehört zur menschlichen Erfahrung, dass wir schwere Emotionen mit uns herumtragen, die wir weder wollen noch verdient haben. Solche emotionalen Belastungen können bei Betroffenen von sexuellem Kindesmissbrauch besonders ausgeprägt sein. Wir möchten darauf hinweisen, dass wenn du von einem Trauma heilst, das nicht bedeutet, dass du immer optimistisch oder gutgelaunt sein musst. Es kann aber bedeuten, dass du dich deinen Gefühlen gegenüber aufgeschlossener fühlst, anstatt von ihnen kontrolliert zu werden. Nimm mit Neugier und ohne zu urteilen zur Kenntnis, was du in diesem Moment erlebst. Hier sind einige Fragen, die dir helfen können, deine Gefühle zu erkennen:

  • Was spüre ich in meinem Körper? Wo manifestiert sich diese Emotion körperlich?
  • Welches Wort oder welche Worte würde ich verwenden, um meine Emotion(en) zu beschreiben?
  • Passiert um mich herum irgendetwas, das mit der Emotion in Verbindung steht?
  • Wann habe ich angefangen, diese Emotion zu verspüren?
  • Wie verändert sich dieses Gefühl mit der Zeit?

Um diese Übung noch ein Stück zu erweitern, kannst du einen Tracker verwenden, um die sechs Emotionen zu identifizieren, die du am häufigsten erlebst. Du kannst diese Emotionen dann in ein weiter personalisiertes Rad der Emotionen platzieren und jede Emotion mit verschiedenen Formen und/oder Farben visuell darstellen (siehe das Beispiel).

Wir empfehlen dir, in diesem Rad einen Raum für positive Emotionen zu lassen, die du nach und nach bewusster wahrnimmst oder neben anderen Emotionen erlebst.

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Wenn du das Rad der Emotionen benutzt, übst du:

  • Akzeptanz, indem du erkennst und akzeptierst, wie bestimmte Ereignisse, Aktivitäten oder Trigger dich fühlen lassen.
  • Achtsamkeit, indem du deine Emotionen mit Selbstmitgefühl und Neugier wahrnimmst und darauf acht gibst, was du für dein emotionales Wohlbefinden brauchst.
  • Aspiration, indem du dir deine emotionalen Muster bewusst machst, um Pläne zu erstellen, wie du in Zukunft mit diesen Gefühlen umgehen kannst.