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Autor: Breeann Allison
Was ist Sextortion?
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Was ist Sextortion?
Definition
Sextortion ist eine Form sexuellen Kindesmissbrauchs, bei der damit gedroht wird, dass delikate Nacktfotos oder - Videos des Opfers veröffentlicht wird, sofern bestimmte Bedingungen nicht erfüllt werden. Meistens droht der Täter damit, intime Bilder des Opfers (echt oder gefälscht) zu veröffentlichen, um weitere sexuelle Inhalte, sexuelle Kontakte mit dem Opfer, Geld oder andere Forderungen zu erlangen. Während Nacktfotos die bekannteste Form der Erpressung sind, können Sextäter auch andere Druckmittel gegen das Opfer einsetzen, wie die Drohung, einen Screenshot einer intimen Unterhaltung, ein Video von der Webcam des Opfers oder vertrauliche Informationen über die Sexualität des Opfers zu teilen. Diese letzte Drohung könnte ein Grund dafür sein, warum LGBTQ+ Jugendliche fast dreimal so häufig Opfer von Sextortion werden wie ihre heterosexuellen Altersgenossen.1
Sextortion ist eine von vielen Formen des technologiegestützten sexuellen Missbrauchs, bei dem es um die nicht einvernehmliche Beschaffung und/oder Weitergabe von delikaten Bildern und Aufnahmen geht. Die Verbreitung erfolgt mit der Intention, zu schaden, zu demütigen, auszubeuten oder zu profitieren. Sextortion unterscheidet sich von öffentlicheren Formen des technologiegestützten Missbrauchs, wie z.B. bildbasiertem sexuellen Missbrauch, sexueller Belästigung oder Rachepornos. Bei Sextortion steht die Drohung mit der Veröffentlichung von Bildern im Mittelpunkt, um Kontrolle über das Opfer zu erlangen. Dieses Gefühl der Macht und das Gefühl der Hilflosigkeit, das dem Opfer eingeflößt wird, sind die Hauptursachen für den großen Schaden, den Sextortion anrichtet.
Statistiken
Da Sextortion noch ein relativ neues Phänomen ist, bleibt unklar, wie viele Menschen von diesem Verbrechen betroffen sind.2 Jüngste Studien zeigen, dass der Prozentsatz der US-amerikanischen Teenager, die von Sextortion betroffen sind, bei 3-5 % liegt.3,4 Nach Angaben des FBI und des Nationalen Zentrums für vermisste und ausgebeutete Kinder (original: National Center for Missing and Exploited Children) ist die Zahl der Meldungen über Sextortion dramatisch gestiegen und hat sich zwischen 2019 und 2021 mehr als verdoppelt.5,6 Im Jahr 2022 gingen bei den Homeland Security Investigations mehr als 3.000 Hinweise auf Sextortion ein, wobei die Anzahl der einzelnen Fälle, die diese Zahl darstellt, unbekannt ist.7
Klar ist, dass Sextortion ein wachsender Trend ist, der Jugendliche in Gefahr bringt und sich in zwei Hauptkategorien einteilen lässt.2,8
Erpresst durch einen Fremden, der im Internet kennengelernt wurde
Bei der ersten Kategorie der Sextortion wird das Opfer von einer Person ausgebeutet, die es über das Internet kennengelernt hat.8 In diesen Fällen freundet sich der Täter oft mit dem Jugendlichen über eine Social-Media-App, eine Live-Streaming- oder Spielplattform oder ein anderes Medium mit einer Chat-Funktion an. Bei diesem ersten Kontakt verwendet der Täter wahrscheinlich eine falsche Identität und gibt sich als jünger, attraktiv und typischerweise als jemand vom anderen Geschlecht aus, um das Interesse und Vertrauen des Jugendlichen zu gewinnen. Tatsächlich wird diese Art von Catfishing in 91 % der Sextortions-Fälle eingesetzt, bei denen sich die Täter online kennengelernt haben.9
In der Kommunikation mit dem/der Jugendlichen verwendet der/die Täter/in Annäherungsmethoden wie Schmeicheleien, Komplimente, Flirten, das Teilen von Geheimnissen und Anzeichen von aufrichtigem Interesse am Leben des/der Jugendlichen. Sie können dem Jugendlichen sogar Geschenke oder Bestechungsgelder anbieten, während sie eine Beziehung aufbauen.7
Der Täter/die Täterin fordert den/die Jugendliche dann auf, ihm/ihr ein anzügliches Foto von sich zu schicken. Diese Aufforderung kann erfolgen, nachdem sich der/die Jugendliche zu ihm/ihr hingezogen fühlt, oder nachdem er/sie ihm/ihr übermäßig geschmeichelt hat, oder sogar, nachdem er/sie ihm/ihr ein Sexting-Bild geschickt hat. Nachdem der/die Jugendliche unter Druck gesetzt wurde, ein Nacktfoto zu schicken, benutzt der/die Täter/in dieses Foto als Erpressung und droht damit, es online oder mit den Kontakten des/der Jugendlichen zu teilen, wenn dieser/diese nicht eine bestimmte Forderung erfüllt. Manche Täter/innen fordern weitere Bilder oder andere Formen von pornographischem Material. Sie können sogar sexuellen Kontakt mit dem Opfer verlangen oder es zu illegalen Aktivitäten zwingen. Andere verlangen vielleicht eine Bezahlung, was als finanzielle Sextortion bezeichnet wird, ein zunehmender Trend, der sich zunehmend gegen junge Männer richtet.10
Erpresst durch jemanden, den man kennt
Obwohl das wachsende Interesse der Medien an Sextortion vor allem auf Fälle zurückzuführen ist, in denen Fremde im Internet aktiv sind, gibt es noch eine zweite Art der Sextortion, die Jugendliche erleiden können: Sie werden von jemandem sextortiert, den sie bereits kennen.8 Untersuchungen zeigen, dass Minderjährige in den meisten Fällen von jemandem sextortiert werden, der bereits Teil ihres Lebens ist, meistens ein aktueller oder ehemaliger Liebespartner.3,8 Diese Art der Sextortion scheint mit der Viktimisierung von Teenagern bei der Partnersuche übereinzustimmen, insbesondere mit der Drohung, Fotos von dem/r Partner/in zu teilen, um ihn/sie zu kontrollieren, ihn/sie zu zwingen, zurück in eine Beziehung zu gehen, oder ihn/sie zu zwingen, nach einer Trennung weitere Fotos zu senden.
Obwohl die Opfer oft wissentlich intime Nacktfotos oder -Aufnahmen von sich teilen, die später gegen sie verwendet werden, kann man darüber streiten, inwieweit solch eine Entscheidung mit dessen Einverständnis getroffen wurde, besonders in Liebesbeziehungen. Eine Studie zeigte, dass die meisten Opfer zwar ursprünglich die Bilder an die Person schickten, die sie kannten (75 %), aber viele von ihnen sich dazu unter Druck gesetzt fühlten (67 %).8 Dies könnte ein Hinweis auf die komplizierte und kontroverse Natur von Sexting sein. Denn obwohl Sexting unter Jugendlichen nach wie vor eine gängige Form der sozialen Bindung, des romantischen Ausdrucks und der sexuellen Erkundung ist, haben vor allem Mädchen berichtet, dass sie sich unter Druck gesetzt, manipuliert oder dazu gezwungen fühlten, Bilder von sich selbst zu verschicken, und dass sie infolgedessen mehr negative Erfahrungen gemacht haben.8 Eine dieser Folgen kann Sexting-Erpressung sein. Wenn die sensiblen Inhalte schließlich vom Erpresser geteilt werden, wird der/die Jugendliche auch zum Opfer von bildbasiertem sexuellem Missbrauch (dem nicht-einvernehmlichen Teilen von intimen Bildern). Je nach Situation kann sich die Sextortion auch mit Rachepornos, sexueller Belästigung im Internet, der Verbreitung von pornografischem Material, an dem Kinder beteiligt sind, und anderen Formen des technologiegestützten sexuellen Missbrauchs überschneiden.
Welche Schäden können entstehen?
In etwa der Hälfte der Sextortions-Fälle, an denen Minderjährige beteiligt sind, macht der Erpresser seine Drohung wahr und veröffentlicht die sensiblen Inhalte im Internet und/oder gibt sie an die Kontakte des Opfers weiter.8 Unabhängig davon, ob die Drohung wahr wird oder nicht, kann Sextortion das Opfer auf vielfältige Weise beeinträchtigen. Viele Opfer fühlen sich hilflos, schämen sich, haben das Gefühl die Kontrolle verloren zu haben und fürchten sich.11 Einige haben geäußert, dass sie sich gefangen fühlen, als gäbe es keinen Ausweg. Diese Gefühle der Angst, Sorge und Hoffnungslosigkeit haben zu weiteren schädlichen Auswirkungen geführt, darunter hohe Depressionswerte, Panikattacken, Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten, Selbstmordgedanken und - in einigen bekannten Fällen - Selbstmord.11,12 Diese Risiken können sich in Fällen verstärken, in denen der Sextortionist das Opfer weiterhin belästigt oder stalkt (manchmal über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten), ein gefälschtes Online-Profil über das Opfer erstellt und/oder das Opfer ermutigt, sich selbst Schaden zuzufügen.3,8
In Fällen, in denen das Kind von jemandem, den es online kennengelernt hat, durch Sextortion ausgebeutet wird, wird es nicht nur mit Erpressung bedroht, sondern kann auch eine Beziehung verlieren, die es als sicher, kraftspendend oder sogar liebevoll empfunden hat.10
Wie bei anderen Formen des sexuellen Kindesmissbrauchs verringert die Scham, die ein Opfer aufgrund von Sextortion empfinden kann, die Wahrscheinlichkeit, dass es Hilfe aufsucht. Tatsächlich erzählt nur die Hälfte der Minderjährigen, die sextortiert wurden, jemandem von ihrem Missbrauch. Den meisten ist es zu peinlich (80 %) oder sie haben Angst, Ärger zu bekommen (68 %).8 Unter den Opfern, die sich einem Elternteil öffnen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Mädchen dies tun, deutlich höher (41,7 %) als bei Jungen (28,6 %).3
Sextortion stoppen
Sextortion ist ein Verbrechen, das versucht, die Opfer durch Gefühle der Scham, Hilflosigkeit und Angst zu isolieren. Die Opfer fürchten nicht nur, von ihren Eltern und den Strafverfolgungsbehörden in Schwierigkeiten zu kommen, sondern auch, dass ihnen ihre Smartphones oder andere elektronische Geräte weggenommen werden, was sich wie eine Art Strafe anfühlen kann und zu weiterer Isolation führt (FBI.gov). Das Wichtigste, was Eltern tun können, um das Risiko zu verringern, dass ihr Kind Opfer von Sextorting wird, ist eine offene und regelmäßige Kommunikation zu fördern.
Forscher empfehlen, die Fremdengefahr nicht so sehr zu betonen - denn auch Menschen, die das Kind bereits kennt, können eine Bedrohung darstellen, während online entstandene Kontakte zu gesunden, sinnvollen Beziehungen führen können. Vielmehr sollten Eltern lehren und vorleben, wie gesunde Beziehungen aussehen - egal, ob diese Beziehungen persönlich oder online entstehen und ob es sich um eine Bekanntschaft, Freundschaft oder Liebesbeziehung handelt.4,13 Wenn Jugendliche besser wissen, was eine gesunde Beziehung ausmacht, einschließlich Authentizität, Offenheit, Kommunikation und Respekt vor Grenzen, können sie Situationen und Interaktionen, die sie gefährden könnten, besser erkennen. Zudem werden sie besser in der Lage sein, gesunde Grenzen zu wahren, sich gegen Forderungen zu wehren und Druck zu widerstehen, der darauf abzielt, diese Grenzen zu verletzen. Außerdem werden sie besser in der Lage sein, Missbrauchsszenarien wie Sextortion zu bewältigen, indem sie den Kontakt abbrechen, Hilfe suchen und erkennen, dass sie keine Schuld haben. Jugendliche werden diese Hilfe eher in Anspruch nehmen, wenn sie bereits die Gewissheit haben, dass ihre Eltern eine sichere und vertrauenswürdige Anlaufstelle sind, an die sie sich wenden können, egal mit welchem Problem sie konfrontiert sind. Wenn ein Elternteil in der Vergangenheit eher agiert hat und offene Gespräche über alle möglichen sensiblen oder schwierigen Themen geführt hat, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sich das Kind oder der Jugendliche abkapselt, wenn es das Ziel eines/r Täters/in ist.
Neben einer offenen Kommunikation und dem Vorleben gesunder Beziehungen können Eltern auch gesunde Grenzen im Umgang mit der Technologie vermitteln und vorleben. Sie können ihre Kinder über die digitale Verantwortung und die Risiken aufklären, die das Leben in der heutigen Zeit mit sich bringt, einschließlich des Risikos von Sextortion. Eltern können ihren Kindern raten, sich genau zu überlegen, was sie mit anderen teilen - online und offline - und sich darüber im Klaren zu sein, dass Menschen sich online für jede beliebige Person ausgeben können. Sie können auch Grenzen für die Bildschirm-Zeit und die Internetnutzung setzen, Geräte überwachen oder stichprobenartig kontrollieren, sich darüber informieren, welche Apps und Social Media-Plattformen ihre Kinder nutzen, und darauf achten, mit wem ihre Kinder kommunizieren.
Warnzeichen
Eltern können auch auf Warnzeichen für Sextortion und andere Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern achten, sei es durch technische Hilfsmittel oder auf andere Weise. Zu diesen Anzeichen gehören beispielsweise der Verzicht auf Interessen und Aktivitäten, die Isolation von anderen, erhöhte Angstzustände und/oder Depressionen, Wutausbrüche, Gelddiebstahl, die Weigerung, darüber zu sprechen, was sie online tun und/oder mit wem sie kommunizieren, und ständige Unruhe oder Nervosität.
Was mache ich, wenn schon etwas passiert ist?
Wenn dein Kind bereits Opfer von Sextortion geworden ist, ist es wichtig, dass du:
- jede weitere Kommunikation mit dem/r Täter/in blockierst.
- das Konto an die Website oder Plattform, auf der der/die Täter/in Kontakt aufgenommen hat meldest.
- vermeidest Geld zu senden, wenn der Sextortionist eine Zahlung verlangt.
- alle Nachrichten, Fotos und andere Mitteilungen als Beweismittel für die Strafverfolgung aufbewahrst.
- den Vorfall bei den örtlichen Ermittlungsbehörden meldest. Du kannst auch die CyberTipline des National Center for Missing and Exploiting Children (NCMEC) nutzen.
- das Gerät deines Kindes nicht wegnimmst, da dies zu weiteren Schamgefühlen und Isolation führt.
- dem Kind Unterstützung, Einfühlungsvermögen und Sicherheit bietest und ihm versicherst, dass es nicht die Schuld trägt.
- das Kind mit professionellen Fachleuten in Kontakt bringst, um ihm zu helfen, mit den belastenden Folgen umzugehen.
Ressourcen
Du kannst mehr über Sextortion erfahren, indem du Thorn.org, Amaze.org, das National Center for Missing and Exploited Children, und FBI.gov. besuchst. Weitere Informationen darüber, wie du die Kinder in deinem Leben vor sexuellem Missbrauch schützen kannst, findest du in den Saprea-Ressourcen zur Prävention von sexuellem Missbrauch.
Über den Autor
Breeann Allison
Strategieberaterin der Forschungsabteilung und Programmentwicklung
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Das Stigma sexuellen Kindesmissbrauchs und wie wir es bekämpfen können
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Das Stigma sexuellen Kindesmissbrauchs und wie wir es bekämpfen können
Auf deinem Weg zur Heilung begegnest du vielleicht Menschen, die auf unangemessene oder sogar verletzende Weise auf deine Erlebnisse reagieren. Diese Reaktionen, ob beabsichtigt oder nicht, können dazu führen, dass du dich verunsichert, bloßgestellt oder entmutigt fühlst. Du könntest dich verurteilt oder kritisiert fühlen. Solch eine schmerzhafte Reaktion kann zu einem Hindernis auf deinem Weg zur Heilung werden und dazu führen, dass du dich fragst, ob du deine Geschichte überhaupt noch mit anderen teilen solltest.
So schädlich bestimmte Reaktionen auch sein mögen, das Stigma, das mit sexuellem Kindesmissbrauch verbunden ist, definiert dich NICHT und bestimmt nicht deinen Weg als Betroffene/r.
Was ist ein Stigma und wie entsteht es?
Ein Stigma ist, wenn eine Person oder eine Menschengruppe einer anderen Person oder Menschengruppe eine negative Konnotation zuweist, die auf bestimmten Überzeugungen, Perspektiven oder Vorurteilen beruht.
Es gibt viele Faktoren, die die Haltung einer Person gegenüber sexuellem Kindesmissbrauch beeinflussen können. Es kann sein, dass eine Person ihre eigenen Traumata noch nicht verarbeitet hat, dass sie nicht weiß, wie man richtig auf das Thema reagiert, oder dass sie von anderen kulturellen Mustern beeinflusst wurde. Auch wenn die Reaktion von jemandem gut gemeint ist, kann sie dennoch unangebracht sein und dazu führen, dass du dich entmutigt oder sogar getriggert fühlst.
Wenn du dich von den Reaktionen anderer auf deine Offenlegung oder von anderen Botschaften in den Medien oder der Öffentlichkeit betroffen fühlst, bedeutet das nicht, dass du schwach, unsicher oder machtlos bist. Es bedeutet nicht, dass du schlecht ausgerüstet bist oder auf deinem Weg zur Heilung einen Rückschritt machst. Tatsache ist, dass du stark, handlungsfähig und resilient bist. Dass du überlebt hast, hier bist und dies liest und dich deinen Dämonen stellst, ist ein Beweis für deinen Mut und deine Stärke. Du bist ein Vorbild für Resilienz und ein/e starke/r Krieger/in, der/die sich entscheidet, sich dem Trauma der Vergangenheit zu stellen und sich damit auseinanderzusetzen.
Aber egal, wo du dich auf deinem Heilungsprozess befindest, die Ignoranz anderer kann dennoch sehr schmerzhaft sein. Diese Art von Fehlinformationen begegnet dir nicht nur in den Reaktionen anderer, sondern auch in Beiträgen in den sozialen Medien, in der Berichterstattung, in öffentlichen Gesprächen, in den Medien usw. Diese verletzenden und triggernden Botschaften rühren von den Stigmata her, die den sexuellen Missbrauch jahrelang umgeben haben. Diese Stigmata haben zu veralteten und fehlgeleiteten Wahrnehmungen oder kulturellen Mythen geführt. Diese kulturellen Vorurteile („sie hat es so gewollt“, „männliche Leidenschaften sind unkontrollierbar“, „Jungs können nicht sexuell missbraucht werden“) und ihre problematischen Auswirkungen wurden erstmals in den 1970er Jahren von Soziologen und Feministen aufgegriffen. 1975 stellten mehrere Forscher die These auf, dass kulturelle Mythen über sexuellen Missbrauch dazu dienen, unangemessene Aggressionen und toxische Verhaltensweisen zu rechtfertigen, zu verharmlosen und sogar aufrechtzuerhalten.1
Diese Mythen beeinflussen auch heute noch unsere Kultur. Sie können z. B. bestimmte Barrieren oder Vorurteile im Justizsystem verstärken, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Betroffenen nicht geglaubt wird oder Täter/innen straffrei ausgehen. Diese Fehlinformationen können auch zu einer unwissenden oder abweisenden Reaktion auf die Offenlegung eines Missbrauchsfalles, einem fehlgeleiteten Facebook-Beitrag, einer sensationsheischenden Nachricht über falsche Anschuldigungen oder einer schädlichen Darstellung von Familienbeziehungen in einer Fernsehsendung beitragen.
Eine der schlimmsten Auswirkungen des Stigmas von sexuellem Missbrauch ist, dass Betroffene sich nicht trauen, ihren Missbrauch zu teilen und Hilfe zu suchen, vor allem aus Angst darüber, wie andere reagieren.2 Wenn du aber deine Geschichte und deine Resilienz teilst, schenkst du den schweigenden Betroffenen Hoffnung und Ermutigung. Durch dein Beispiel werden sich andere sicher und ermutigt fühlen, ihr Schweigen zu brechen und Hilfe zu suchen, ungeachtet der Kritik, der sie ausgesetzt sein könnten.
Natürlich bedeutet die Tatsache, dass solche Stigmata immer noch existieren, nicht, dass sie von allen akzeptiert oder verstärkt werden. Dank der Bemühungen von Betroffenen, Unterstützern von Betroffenen, Therapeuten, Forschern, Gesetzgebern und Hilfsorganisationen werden immer mehr Fortschritte gemacht, da das Bewusstsein und die Aufklärung über sexuellen Missbrauch zunehmen.
Auch wenn falsche Meinungen und Fehlinformationen schmerzhaft sein können, gibt es Möglichkeiten, wie du sie auf deinem Weg zur Heilung bekämpfen kannst.
1.
NUTZE STABILISIERUNGSTECHNIKEN, WENN DU GETRIGGERT WIRST.
2.
RECOGNIZE THAT ANOTHER'S HURTFUL REACTION IS ABOUT THEM, NOT YOU.
3.
SUCHE DIR EMOTIONALE UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN, DENEN DU VERTRAUST.
4.
HALTE DEINE ERFAHRUNGEN IN EINEM TAGEBUCH FEST.
5.
LERNE ANDERE PERSPEKTIVEN KENNEN.
6.
DISTANZIERE DICH VON TOXISCHEN UMGEBUNGEN.
7.
VERGISS NICHT, DASS DU DIE KONTROLLE ÜBER DEINE EIGENE LEBENSGESCHICHTE HAST.
Fazit
Ja, es gibt immer noch Stigmata, die den sexuellen Missbrauch von Kindern umgeben. Und sie können Fehlinformationen, überholte Stereotypen und falsche Reaktionen aufrechterhalten, aber sie können dir nicht deinen Mut, deine Widerstandskraft und deine Stärke nehmen. So entmutigend stigmatisierte und fehlgeleitete Ansichten auch sein mögen, sie können deine Stimme nicht zum Schweigen bringen. Das Stigma, das sexuellen Missbrauch umgibt, bröckelt und wird weiter bröckeln, ein Gespräch nach dem anderen. Wir alle, und das heißt auch du, haben die Macht, das zu erreichen.
Über den Autor
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Sexuelle Belästigung im Internet
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Sexuelle Belästigung im Internet
Eva kann nicht glauben, dass ausgerechnet Daniel mit ihr gehen will, einer Siebtklässlerin mit Pickelgesicht, die seit ihrem ersten Völkerball-Spiel in ihn verknallt ist. Eva hatte noch nie einen Freund. Als Daniel ihr ein Nacktfoto von sich schickt und sie um eins von ihr bittet, lacht sie nur und schickt stattdessen ein anzügliches Emoji. Aber als Daniel ihr vorwirft, sie sei „zu verklemmt“ und nicht so locker wie andere Mädchen, mit denen er zusammen war, gibt Eva schließlich nach und schickt das Foto. Sie fühlt sich nicht wohl dabei, aber sie will nicht, dass Daniel sie als zu langweilig abstempelt und mit ihr Schluss macht. Außerdem hat sie auf dem Foto immer noch ihren BH und ihre Unterwäsche an, also ist es gar nicht so schlimm. Und okay, sie leckt zwar ein Wassereis auf dem Foto ab, aber das ist doch nur ein Scherz - genau wie die Emoji.
Eine Woche später findet Eva heraus, dass Daniel ihr Foto mit seinen Freunden aus seiner Fußballmannschaft geteilt hat. Ein paar Tage später erstellt die Freundin eines der Spieler einen Fake-Account von Eva in den sozialen Medien und verwendet das nahezu nackte Foto als Profilbild. Zahlreiche Klassenkameraden hinterlassen auf dem Profil Kommentare über ihren Körper, ihr Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und ihr schäbiges Verhalten. Einige teilen sogar Fotos von Mitschülern, die sie attraktiver finden als Eva, und fordern andere auf, jedes Foto zu bewerten oder herabzustufen.
Eva ist völlig aufgelöst und weiß nicht, was sie tun soll. Sie will es keinem Erwachsenen erzählen, vor allem nicht ihren Eltern. Sie würden sie wahrscheinlich nie wieder auf dieselbe Weise ansehen. Vielleicht würden sie ihr sogar das Telefon wegnehmen, das Evas einzige Verbindung zu den wenigen Freunden ist, die sie noch hat. Und außerdem, ist es nicht sowieso ihre Schuld, dass sie Daniel das Foto geschickt hat? Das würde wahrscheinlich auch die Polizei sagen.
Eva fragt sich, ob all das Mobbing und die Demütigungen genau das sind, was sie verdient hat. Aus Scham und Verzweiflung beschließt sie, es niemandem zu sagen. Stattdessen täuscht sie vor, krank zu sein, um ihre Klassenkameraden in der Schule nicht mehr sehen zu müssen. Und als Daniel sie bittet, ihm ein weiteres Foto zu schicken - diesmal völlig nackt - tut sie es. Denn ehrlich gesagt ist es ein Wunder, dass er nach all dem immer noch etwas mit ihr zu tun haben will.
Technologie und die Jugend von heute
Technologie und digitale Medien sind auf der ganzen Welt zu einem festen Bestandteil des täglichen Lebens geworden. Der Zugang zu Smartphones, Laptops, Tablets und anderen Internetgeräten ist weit verbreitet und spielt eine zentrale Rolle in der Bildung, Unterhaltung, Beschäftigung und sozialen Vernetzung. Das gilt besonders für Kinder und Jugendliche. Schätzungen zufolge nutzt bereits jedes dritte Kind weltweit das Internet.1 In den USA geben 95 % der Teenager an, ein Smartphone zu besitzen oder Zugang zu einem solchen zu haben. Außerdem geben 45 % der Jugendlichen an, dass sie fast ständig online sind.2
Dieser weit verbreitete Zugang bietet Jugendlichen aufregende Möglichkeiten für schulische Leistungen, Selbstentdeckung, Selbstdarstellung und soziale Kontakte. Jugendliche schreiben der Technologie, insbesondere den sozialen Medien, zu, dass sie dadurch die folgenden Aspekte ihres Lebens verbessern können:3
- Freundschaften stärken.
- sich über verschiedene Ansichten und Standpunkte austauschen.
- das Bewusstsein für Anliegen schärfen, die ihnen wichtig sind.
- Unterstützung in schwierigen Zeiten erhalten.
- sich mit den Menschen in ihrem Leben verbundener zu fühlen.
Viele sind auch der Meinung, dass die digitale Technologie einen sicheren Raum bietet, um sich mit anderen zu treffen und mit ihnen in Kontakt zu treten, die ähnliche Interessen, Ziele und Hintergründe haben.3 Dies gilt insbesondere für Jugendliche, die sich als LGBTQ+ identifizieren und soziale und romantische Beziehungen suchen.4 Digitale Medien und Technologie können Jugendliche auch mit Informationen und Bildung in Bezug auf sexuelle Gesundheit und Entwicklung versorgen, die sonst vielleicht nicht zur Verfügung stünden, insbesondere bei einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen.5
Neben diesen zahllosen Vorteilen birgt der verstärkte Zugang zu Internetgeräten für Jugendliche auch neue Risiken. Eines dieser Risiken ist sexuelle Belästigung im Internet, wie sie Eva erlebt hat.
Definition von sexueller Belästigung im Netz
Sexuelle Belästigung im Internet bedeutet, dass sexuelle Inhalte - wie Bilder, Videos oder Posts - als Waffe eingesetzt werden, um zu belästigen, auszunutzen, zu demütigen, zu bedrängen, zu nötigen oder zu bedrohen. Sie kann eine Vielzahl von unerwünschten sexuellen Verhaltensweisen umfassen und auf jeder digitalen Plattform auftreten, ist aber besonders häufig über Apps und Plattformen mit unkontrollierten Livestreams, geteilten Inhalten und Direktnachrichten (Facebook, Instagram, Snapchat, YouTube).6
Opfer von sexueller Belästigung im Netz fühlen sich oft allein gelassen, haben Angst, schämen sich und fühlen sich hintergangen und ausgeschlossen. Leider ist es aufgrund der aufdringlichen und allgegenwärtigen Online-Kommunikation schwierig, diesen Gefühlen zu entkommen, selbst in der Privatsphäre eines Schlafzimmers oder anderer vertrauter Bereiche.
Obwohl sie ein breites Spektrum an Verhaltensweisen umfasst, kann sexuelle Belästigung im Internet in vier Hauptkategorien eingeteilt werden:6
- Nicht-einvernehmliche Verbreitung von intimen Bildern und Videos
- Ausbeutung, Nötigung und Drohungen
- Sexualisiertes Mobbing
- Unerwünschte Sexualisierung
Nicht genehmigte Weitergabe von Bildern und Videos
Ein zentrales Element dieser Art von Online-Belästigung ist der steigende Trend zum sogenannten Sexting. Sexting ist das Erstellen und Teilen von selbst erstellten Inhalten, einschließlich sexueller Bilder, Videos oder SMS.7 Das kann von expliziten Inhalten, wie Nacktfotos oder Videoclips von sexuellen Handlungen, bis hin zu teilweiser Nacktheit, erotischen Posen und anderen Formen sexueller Anspielungen reichen.
Für viele Jugendliche ist Sexting ein Mittel, um zu flirten, zu erregen, zu experimentieren und sexuelle Beziehungen und Identitäten zu erkunden. Doch selbst wenn es sich um Einverständnis zwischen zwei Teenagern handelt, bleibt die Rechtmäßigkeit dieses Einverständnisses umstritten. Vor allem Mädchen fühlen sich aufgrund geschlechtsspezifischer Normen und Erwartungen eher genötigt oder unter Druck gesetzt, mit einem Gleichaltrigen zu sexten. Sexting-bezogener Druck ist auch unter LGBTQ+-Jugendlichen verbreitet, die oft stärker auf Online-Interaktionen angewiesen sind, um ihre Sexualität zu erkunden.8
Doch selbst wenn ein Foto während einer einvernehmlichen (oder mit Einverständnis wahrgenommenen) Sexting-Interaktion zwischen zwei Personen geteilt wird, kann dieses Bild ohne das Einverständnis des Absenders an andere weitergeleitet werden. Dies wird als nicht einverständliche Weitergabe von Bildern oder als sexueller Missbrauch durch Bildmaterial bezeichnet.
Aber wieso würde ein Teenager so einen Missbrauch begehen? Einer der Gründe könnte sein, dass sie Anerkennung oder Status unter Gleichaltrigen gewinnen wollen.4 Der Wunsch, zu tratschen, sich mehr einbezogen zu fühlen und mehr an der Online-Konversation teilzunehmen, könnte sie motivieren.9 Vor allem Jungen im Teenageralter haben berichtet, dass sie an bildbasiertem sexuellen Missbrauch teilgenommen haben, um ihre Freunde zu beeindrucken, ihre Männlichkeit zu beweisen und ihre sexuellen Fähigkeiten zu demonstrieren.10
Unabhängig von Alter und Geschlecht ist es nicht ungewöhnlich, dass Jugendliche mit sexuellem Missbrauch durch Bildmaterial sorglos umgehen. In einer Studie gab zum Beispiel fast ein Viertel der Jugendlichen an, dass sie ein Sextingbild als Scherz weitergeschickt hätten. Und bei einer Stichprobe von Jugendlichen, die ein weitergeleitetes Bild erhalten hatten, sagten 72 %, sie hätten nichts unternommen.8
Ein weiteres häufiges Motiv für sexuellen Missbrauch durch Bildmaterial ist „Rache-Porno“ oder der Versuch, sich an einem Ex zu rächen, nachdem eine Beziehung endete.11 Der unerlaubte Austausch von Bildern findet jedoch nicht nur unter Liebespartnern und Expartnern statt. Er kann von einem Klassenkameraden, einem Freund, einem Bekannten oder einem Fremden begangen werden und von dem Wunsch getrieben sein, jemanden zu schädigen, zu manipulieren, zu belästigen oder zu schikanieren.
Ausbeutung, Nötigung und Drohungen
Diese Motive sind auch in der zweiten Kategorie der sexuellen Belästigung im Internet zu finden, bei der es um Ausbeutung, Nötigung und Drohungen geht. In dieser Kategorie können Verhaltensweisen wie bildbasierter sexueller Missbrauch auch als eine Form der Erpressung eingesetzt werden, bei der das Opfer gezwungen wird, etwas zu tun, um zu verhindern, dass seine dokumentierten sexuellen Aktivitäten (egal ob echt oder vorgetäuscht) an die Öffentlichkeit gelangen. Diese Taktik der Ausbeutung ist ein Beispiel für sexuelle Erpressung (oder Sextortion).11 In solchen Fällen kann das Opfer gezwungen werden, sich an sexuellen Handlungen zu beteiligen, z. B. zusätzliche sexuelle Inhalte zu erstellen und zu teilen.
Ein Jugendlicher könnte sich z. B. gezwungen oder unter Druck gesetzt fühlen, ein Nacktfoto zu teilen, wenn die Person, die ihn belästigt, bereits private Informationen oder Inhalte besitzt, die das Opfer nicht veröffentlichen möchte. Dabei kann es sich um Details über die Sexualität des Opfers oder frühere sexuelle Erfahrungen handeln, aber auch um ein bereits vorhandenes Nacktbild oder einen Screenshot aus einem Sexgespräch. Im Szenario von Eva schickt sie Daniel ein weiteres Foto, weil sie befürchtet, dass er noch mehr von ihren privaten Unterhaltungen preisgibt, wenn sie nicht kooperiert.
In anderen Fällen wird das Opfer gezwungen, Zahlungen zu leisten oder bestimmte Gefallen zu tun, um den Erpresser zu beschwichtigen. Zusätzlich zur Veröffentlichung privater Inhalte können sie auch mit Drohungen konfrontiert werden, z. B. gehackt zu werden, „doxed“ zu werden (d. h., dass Kontaktinformationen veröffentlicht werden) oder online oder persönlich sexuelle Übergriffe zu erleiden.
Sexualisiertes Mobbing
Während die Erpressung dazu dient, jemanden unter Zwang zu einer bestimmten Handlung zu drängen, kann sexualisiertes Mobbing ein viel breiteres Spektrum an Verhaltensweisen und Beweggründen umfassen. Bei dieser Art der Belästigung werden sexuelle Inhalte als Waffe eingesetzt, um jemanden zu demütigen, zu erniedrigen, zu entwürdigen und/oder zu diskriminieren. Das kann vom einfachen „Liken“ oder Kommentieren eines Beitrags bis hin zum Teilen von Inhalten reichen, die Belästigung und Mobbing ermutigen.
Oft geht sexualisiertes Mobbing mit Aggression und Feindseligkeit einher und kann durch den Wunsch motiviert sein, jemandem zu schaden, sich zu rächen, Vergeltung für frühere Belästigungen auszuüben oder andere aus der größeren Gruppe auszuschließen.7 Dies ist insbesondere bei Fällen der „Hassrede“ oder der Verwendung diskriminierender sexueller Begriffe gegenüber Angehörigen rassischer oder sexueller Minderheiten der Fall. Auch Cyberstalking, das Verbreiten von Gerüchten über das Sexualverhalten einer Person, das Erstellen eines falschen Profils, um sich als eine andere Person auszugeben, oder das „Outing“ der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität einer Person ohne deren Einverständnis können dazu gehören.6
Während persönliche Rachegelüste oft der Grund für diese Art von Verhalten sind, kann sexualisiertes Mobbing auch die Folge eines Witzes sein, der zu weit geht, oder einer Grenzüberschreitung, um Gleichaltrige zu beeindrucken, zu amüsieren oder von ihnen akzeptiert zu werden. Da „sexuelles Geplänkel“ ein zentraler Bestandteil vieler Flirts, Interaktionen und anderer Bindungserfahrungen unter Jugendlichen ist, kann es für Jugendliche schwierig sein, den Unterschied zwischen verspielten Witzen und gefährlicher Belästigung zu erkennen.6 Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Cliquendynamik ins Spiel kommt und ein Jugendlicher sich unter Druck gesetzt fühlt, der größeren Gruppe zu gefallen oder sie zu unterhalten. In diesen Fällen können Jugendliche auch durch den so genannten (Online Disinhibition Effect) Online-Enthemmungseffekt ermutigt werden, der sich auf Verhaltensweisen bezieht, die sie im geschützten Online-Bereich tun, aber in der Öffentlichkeit nie tun würden.
Unerwünschte Sexualisierung
Diese fehlende Hemmschwelle kann auch zur vierten Kategorie der sexuellen Belästigung im Internet beitragen - die unerwünschte Sexualisierung. Hierbei geht es darum, jemandem unerwünschte sexuelle Inhalte im Netz zu senden. Dieser Inhalt kann ein sexualisierter Kommentar sein, der unter das Foto einer Person gepostet wird oder ein pornografisches Bild, ein Emoji, eine Nachricht, ein Scherz oder eine Aufforderung sein. Dies kann in einem privaten Bereich geschehen, z. B. als unerwünschter Annäherungsversuch in einer Direktnachricht, oder in einem öffentlichen Bereich, z. B. in einem Gruppenchat oder auf dem Social-Media-Profil einer Person.
Diese Art der Sexualisierung kann auch bedeuten, dass Inhalte über das Opfer mit anderen geteilt werden, mit der Intention, sie zu sexualisieren oder zu objektivieren. Ein Beispiel hierfür ist die Bearbeitung eines Fotos einer Person, um sie aufreizender darzustellen, und anschließend das Veröffentlichen dieses Fotos im öffentlichen Raum. Es könnte auch bedeuten, dass ein Bild von jemandem gepostet wird und sexuelle Kommentare zu diesem Bild gemacht werden und/oder andere dazu aufgefordert werden, die Attraktivität der Person zu bewerten. Mädchen sind besonders gefährdet, Opfer dieser Art von Online-Belästigung zu werden, die oft Geschlechterstereotypen, Ansprüche und Erwartungen verstärkt.6
Ähnlich wie sexualisiertes Mobbing das Ergebnis eines zu weit gehenden Witzes sein kann, kann ungewollte Sexualisierung auf fehlgeleitete Versuche zurückzuführen sein, Komplimente zu machen, zu schmeicheln oder zu flirten. Trotz dieser Absichten führt ungewollte Sexualisierung dazu, dass sich die andere Person gedemütigt, blamiert, verletzt oder objektiviert fühlt und zeigt, dass sie die eigenen Grenzen, Vorlieben und Empfindungen nicht versteht. Dies kann auch darauf zurückzuführen sein, dass solche Verhaltensweisen normalisiert werden, was dazu führt, dass das Opfer nicht ernst genommen wird oder nicht versteht, wie sich unerwünschte Sexualisierung und andere Arten von sexueller Belästigung im Internet auf das Opfer auswirken können.12
Auswirkungen sexueller Belästigung im Internet
Solche Auswirkungen können sich auf viele Lebensbereiche eines Jugendlichen auswirken. Auf juristischer Seite kann ein Teenager, der ein selbst erstelltes sexualisiertes Foto verschickt, wegen der Verbreitung von „Kinderpornografie“ angeklagt werden. Auch andere Beteiligte, z. B. diejenigen, die die Bilder erhalten oder weiterleiten, könnten sich strafbar machen. In einigen US-Staaten kann ein Teenager, der Sexting betreibt, gleichzeitig als Täter und als Opfer angeklagt werden. Neben den rechtlichen Konsequenzen laufen Jugendliche, deren sexuelle Abbildungen oder sensible Informationen veröffentlicht wurden, auch Gefahr, von Arbeits- und Bildungschancen ausgeschlossen zu werden.5
Auf einer emotionalen Ebene kann sexuelle Belästigung im Internet das geistige und emotionale Wohlbefinden eines Jugendlichen stark beeinflussen. Die Opfer haben oft mit Gefühlen der Scham, Hilflosigkeit und Reue zu kämpfen, die in einigen Fällen so weit gehen, dass sie nicht mehr zur Schule gehen und sich ihren Mitschülern stellen wollen, wie es bei Eva der Fall war.9 Verstärkt wird die Demütigung dadurch, dass bei nicht einverständlich geteilten Inhalten oft dem Absender des Bildes die Schuld gegeben wird und nicht der Person, die es mit anderen geteilt hat.6 Infolgedessen können die Opfer vermehrt Depressionen, Angstzustände, Selbstverletzungen, Mobbing und Belästigungen in der Öffentlichkeit sowie andere Formen der Viktimisierung erleben, sei es online oder offline. Dies gilt insbesondere für Mädchen, die im Allgemeinen mehr Negativfolgen durch Sexting erfahren als Jungen.10
Jede dieser Auswirkungen kann wieder auftauchen oder hervorgerufen werden, wenn der Inhalt zu einem späteren Zeitpunkt erneut im Internet geteilt wird, was zu einer erneuten Viktimisierung führt.6
Doch trotz dieser negativen Folgen trauen sich Jugendliche oft nicht, ihre sexuelle Belästigung im Internet zu melden. Vielen ist es zu peinlich, Hilfe zu suchen, oder sie befürchten, dass sie durch das Melden der Belästigung nur noch verwundbarer werden.6 Hinzu kommt die Angst, dass sie für die erlebte Belästigung verantwortlich gemacht werden und dass Erwachsene darauf reagieren, indem sie ihren Zugang zum Internet einschränken oder ihre Geräte ganz entfernen. Diese Maßnahmen werden von den Opfern nicht nur als Bestrafung (und damit als Bestätigung ihrer Schuld) empfunden, sondern sie werden auch von ihrer wichtigsten sozialen Verbindung abgeschnitten, und dass in einer Zeit, in der sie sich ohnehin schon angegriffen und ausgeschlossen fühlen.13
Was kann ich gegen sexuelle Belästigung im Internet tun?
Angesichts der Tatsache, dass die digitale Welt zu einem so wichtigen Bestandteil der heutigen Lebensweise geworden ist, können Eltern versuchen, die Verbindungen, Erfahrungen und Interaktionen, die ihre Kinder im Netz machen, besser zu verstehen. Sie können auch mit ihren Kindern darüber sprechen, wie sie sich sicherer in dieser digitalen Landschaft bewegen und welche Risiken und Verantwortungen mit ihrem digitalen Fußabdruck verbunden sind. Kinder meinen manchmal, dass sie die Ausnahme der Regel sind und dass die Risiken des Teilens von intimen Informationen und Fotos nicht auf sie zutreffen. Sie haben vielleicht auch ein falsches Gefühl der Unbesiegbarkeit, vor allem in Apps wie Snapchat, wo man davon ausgeht, dass alles, was man mit anderen teilt, sofort gelöscht wird, ohne dass jemand vorher einen Screenshot macht.
Parallel zur Besprechung von Risiken können Eltern mit ihren Kindern kontinuierliche, offene Gespräche über gesundes Verhalten und Beziehungen führen, sowohl online als auch offline. Dazu gehören Themen wie Gruppendruck, Grenzen, Einverständnis, Geschlechterstereotypen, gesunde Kommunikation, sexuelle Entwicklung, die Permanenz von Online-Inhalten und was unter Belästigung zu verstehen ist. Besonders hilfreich kann es sein, mit Kindern über die langfristigen Auswirkungen zu sprechen, die sexuelle Belästigung - online oder auf andere Weise - auf andere haben kann.
Eltern könnten verschiedene Szenarien durchspielen und ihre Kinder fragen, wie sie in der jeweiligen Situation reagieren würden und wie sich die anderen Beteiligten in dem Szenario fühlen würden. Forschungen haben ergeben, dass diese Art des Rollenspiels effektiver ist als die Auflistung aller Regeln und Konsequenzen.6 Angesichts der Tatsache, wie sehr die Technologie mit anderen Lebensbereichen verwoben ist, können Eltern auch erwägen, digitale Sicherheit und allgemeine Sicherheit als ein und dasselbe zu behandeln. Eltern könnten zum Beispiel die digitalen Aspekte einer Beziehung - wie SMS und den Austausch von Bildern - in jedes Gespräch mit ihren Teenagern zum Thema Romantik, Beziehung und Sexualerziehung einbeziehen.
In Fällen, in denen ein Kind oder ein Jugendlicher bereits sexuell belästigt wurde (online oder offline), ist es wichtig, dass die Eltern mit Verständnis, Mitgefühl und Unterstützung reagieren und nicht mit Scham oder Verurteilung. Die Einschränkung des Internetzugangs des/der Jugendlichen verstärkt nicht nur die Schuldzuweisung, sondern verringert auch die Wahrscheinlichkeit, dass der/die Jugendliche in künftigen Situationen zu den Eltern kommt und Hilfe sucht. Stattdessen können Eltern versuchen zu verstehen, was das Kind durchgemacht hat und welche Einzelheiten die Situation aufweist.6 Durch diese Offenheit und dieses Einfühlungsvermögen können Eltern besser auf sexuelle Belästigung im Internet reagieren, zukünftige Vorfälle verhindern und ihre Kinder ermutigen, sich ihnen anzuvertrauen, wenn doch etwas passiert.
Es gibt noch weitere Möglichkeiten, wie Eltern dazu beitragen können, die digitale Sicherheit ihres Kindes zu stärken:
- Lehre deinem Kind die grundlegenden Merkmale einer gesunden Beziehung, wie Respekt, Einverständnis, Authentizität und Ehrlichkeit. Dazu gehört auch, Jugendlichen, vor allem heterosexuellen Jungen, zu erklären, wie wichtig es ist, Fotos von der/dem Ex aus Respekt zu löschen und jede Versuchung oder jeden Druck zu vermeiden, diese Fotos mit anderen zu teilen.
- Erkläre dem Kind, wie Sexting eine gesunde Beziehung stören kann, besonders wenn Machtdynamik, sozialer Druck und Geschlechterstereotypen ins Spiel kommen.
- Informiere dich über riskantes Online-Verhalten und kläre dein Kind darüber auf, wie solche Verhaltensweisen allen Beteiligten schaden können.
- Sei ein Vorbild im Umgang mit den sozialen Medien und der Bildschirm-Zeit.
- Informiere dich über die Fragen, Sorgen und Neugierde deines Kindes im Zusammenhang mit Online-Interaktionen und -Verhalten.
- Versichere deinem Kind, dass seine Sicherheit und sein Wohlergehen das Wichtigste sind - mehr als sein Ruf.
Wenn Eltern sich proaktiv mit gesunden Grenzen, Kommunikation und Einverständnis - sowohl online als auch offline - auseinandersetzen und diese vorleben, sind Kinder und Jugendliche besser darauf vorbereitet, auf gesunde Weise mit anderen in Kontakt zu treten und sichere und verantwortungsvolle Internetnutzer/innen in unserem digitalen Zeitalter zu werden.
Weitere Informationen zur digitalen Sicherheit und wie du dein Kind besser auf die Risiken im Internet vorbereiten kannst, findest du auf Thorn.org, Amaze.org, NoFiltr.org, und CommonSense Education. Wenn du oder jemand, den du kennst, von sexuellem Kindesmissbrauch betroffen ist, kannst du hier mehr über die heilsamen Ressourcen von Saprea erfahren.
Über den Autor
Breeann Allison
Strategieberaterin der Forschungsabteilung und Programmentwicklung
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Klara war in ihrer Mittagspause, als sie eine erschreckende Statistik hörte: Laut einer Studie des Center for Disease Control (CDC) wird in den USA jedes vierte Mädchen und jeder sechste Junge vor dem 18. Lebensjahr sexuell missbraucht.1
Diese Zahlen trafen Klara wie einen Schlag in den Magen. „Wie können wir in einer Welt leben, in der so schreckliche Dinge passieren?“, fragte sie sich. Außerdem fragte sie sich, ob es Möglichkeiten für Eltern gäbe, um ihre Kinder proaktiv gegen Übergriffe zu schützen. Sie fragte sich, ob Kinder in der Lage sein würden, unangemessenes Verhalten von Erwachsenen oder anderen Kindern zu erkennen. Sie fragte sich, ob es mehr Menschen gibt, die Kinder schützen wollen, als solche, die sie verletzen und ausnutzen wollen.
Klara ahnt nicht, dass sie eine dieser Personen sein könnte – eine Beschützerin der Unschuld. Sie selbst hat keine Kinder. Sie ist keine Lehrerin. Sie hat keinen Job, bei dem sie mit Kindern arbeitet. Tatsächlich sieht sie Kinder in ihrem täglichen Leben nicht allzu oft. Wie also kann Klara, die kaum mit Kindern zu tun hat, eine Beschützerin vor sexuellem Kindesmissbrauch sein?
Klara wurde schnell bewusst, dass sie in ihrem Leben durchaus Verbindungen zu Kindern hatte. Sie hatte keine eigenen Kinder, aber sie hatte zwei Nichten und drei Neffen. In ihrem Job arbeitete sie nicht direkt mit Kindern, aber drei ihrer Kollegen waren Eltern. Auch in ihrer Nachbarschaft gab es mehrere Familien mit Kleinkindern. Sie kannte die Eltern ein bisschen und sah ihre Kinder von Zeit zu Zeit in den Höfen der Umgebung beim Spielen.
Klara stellte fest, dass jedes dieser Kinder in ihrem Leben zu einem gewissen Grad gefährdet war. Jedes dieser Kinder, egal wie gesund und glücklich sie erschienen, braucht jemanden, der sie vor sexuellem Kindesmissbrauch beschützt. Diese Entdeckung gab Klara ein gesteigertes Verantwortungsgefühl und ein größeres Bewusstsein für ihre Rolle in der Gemeinschaft.
Wieso es dich interessieren sollte
Auch wenn es den Anschein hat, dass dich das Thema sexueller Kindesmissbrauch nicht persönlich betrifft, so betrifft es doch die Gesellschaft, in der du lebst und wahrscheinlich auch jemanden, den du kennst.
Sexueller Kindesmissbrauch kann langanhaltende Auswirkungen auf die Überlebenden haben, sogar bis ins Erwachsenenalter. Diese negativen Auswirkungen können nicht nur den Überlebenden betreffen, sondern auch die Menschen in seinem Umfeld, seien es Kinder, Familienmitglieder, Kollegen, Lebensgefährten oder sogar die Beziehung zu dir. Ohne angemessene Hilfe und Heilung kann sich das Trauma bis in die nächste Generation fortsetzen. Täter profitieren weiterhin von der Tendenz der Gesellschaft, ein Auge zuzudrücken. Begriffe wie Respekt, Einverständnis und Grenzen werden oft missverstanden oder nicht richtig thematisiert. Die Rechtssysteme lassen die Betroffenen im Stich, indem sie sich weigern, zuzuhören oder keine angemessenen Maßnahmen zu ergreifen. Letztendlich betrifft sexueller Kindesmissbrauch nicht nur Kinder, die du nie kennenlernst oder die du nie treffen wirst. Er beeinträchtigt die Gesundheit und Stabilität unserer Gesellschaft als Ganzes.
Dennoch hast du die Chance, einen Unterschied zu bewirken. Wie Klara, kann dein Einflussbereich größer sein, als du denkst. Du hast vielleicht noch keine Kinder in deinem Leben, aber du hast trotzdem die Macht, diejenigen zu schützen, die am verwundbarsten sind.
Wie kannst du also helfen?
01
BEWUSSTSEIN STÄRKEN
02
SEI WACHSAM
03
VERBREITE DIE BOTSCHAFT
04
SPENDEN ODER EHRENAMTLICHE ARBEIT
05
Be a positive example
- Hattest du zu mindestens einen Lehrer, der sich um dich kümmerte?
- Hattest du gute Nachbarn?
- Gab es einen Erwachsenen (kein Elternteil/Betreuer), der dich mit Unterstützung oder Ratschlägen betreuen konnte?